Interview mit "Akita in Not"

von der HundeCommunity HalloHund im November 2009
beim Start des Films „Hachiko - Eine wunderbare Freundschaft“

HalloHund: Frau Richard, Sie vermitteln seit 1995 japanischen und amerikanischen Akitas ein neues Zuhause. Woher kommt Ihre besondere Zuneigung für die Rasse der Akitas?

Gabriela Richard: Wir hatten unseren ersten Akita, Buko, als ich acht Jahre alt war, von einem der ersten Züchter in Deutschland. Wir waren fünf Geschwister und jeder musste eine Aufgabe übernehmen. Ich habe die Betreuung von Buko und später unserer Hündin Camilla übernommen, d.h. füttern, bürsten und spazieren führen. Ich hatte ein ganz besonderes Verhältnis zu diesen beiden Hunden und wollte nie mehr einen anderen Hund.

HalloHund: Welche besonderen Erfahrungen haben Sie mit Akitas gemacht?

Gabriela Richard: Der Akita ist mir in 40 Jahren immer ein treuer Freund gewesen, der nie falsch war. Ich musste mit meinen Rüden immer etwas nachdrücklicher in der Erziehung sein als mit den Hündinnen, aber alle meine Hunde haben immer ein ganz besonderes Gespür für meine Stimmungen gehabt und sich entsprechend ausgelassen oder zurückhaltend verhalten. 

HalloHund: Welche Eigenheiten, positive wie negative, besitzen Akitas? Was macht diese Rasse so besonders?

Gabriela Richard: Der Akita ist ein sehr ruhiger und treuer Hund. Er ist sehr angenehm im Haus. Er folgt einem wie ein Schatten, geht aber nicht auf die Nerven. Er ist wachsam und man fühlt sich von ihm beschützt. Er ist geduldig mit Kindern und genügsam mit normalen Spaziergängen aber auch ausdauernd bei langen Wanderungen. Wenn er jedoch nicht von klein auf mit anderen Hunden sozialisiert wurde, zeigt er Artgenossen sehr schnell und nachdrücklich, dass er der Chef ist und auch bleiben möchte. Erziehungsfehler macht er sich zu Nutze, um seinen eigenen Kopf durchzusetzen. Daher ist er kein Anfängerhund und auch kein zusätzliches Möbelstück, das die Wohnung verschönert. Er ist eine Aufgabe – ein Hund der selbst denkt.

HalloHund: Sie helfen Akitas in Not und geben ihnen ein neues Zuhause. Können Sie uns den häufigsten Grund nennen, warum die Besitzer einen so schönen Hund wie den Akita abgeben oder - noch schlimmer - aussetzen? Liegt das an den ausgeprägten Jagdinstinkten dieser Rasse?

Gabriela Richard: Wie auch bei anderen Rassen wird der Akita abgegeben, weil der Besitzer stirbt oder so erkrankt, dass er sich nicht mehr darum kümmern kann. Manchmal ist es eine Allergie. Häufiger weil eine Partnerschaft auseinander geht oder eine neue Partnerschaft eingegangen wird und kein Platz mehr für den Hund ist. In einigen Fällen trennen sich die Besitzer von dem Akita, weil sie es versäumt haben, ihn zu erziehen und er macht, was er will. Und das ist für die Besitzer lästig. Ich hatte noch nie einen Akita, der wegen seiner Jagdleidenschaft abgegeben wurde.

HalloHund: Wie viel Hunde können Sie im Jahr an ein neues Zuhause vermitteln?

Gabriela Richard: Wir vermitteln mittlerweile etwa 25 Hunde pro Jahr. Leider bekommen wir auch ungefähr die gleiche Anzahl an zu vermittelnden Hunden jedes Jahr dazu.

HalloHund: Auf welche Probleme stoßen Sie bei der Vermittlung von Akitas?

Gabriela Richard: Erfreulicherweise wissen die meisten Akita-Interessenten, dass sie sich für einen dominanten Hund entscheiden, der möglicherweise nicht mit anderen gleichgeschlechtlichen Hunden verträglich ist. Andererseits gibt es auch gelegentlich Menschen, die den Hund nach einer Zeit wieder abgeben, weil der Hund doch nicht so einfach war, wie sie dachten. Wenn ein Hund bereits einen anderen Hund oder einen Menschen gebissen hat, ist es nicht leicht, diesen Hund weiter zu vermitteln, da man nicht weiß, wie es zu diesem Vorfall gekommen ist und ob nicht beim neuen Besitzer das Gleiche passiert. Das ist ein großes Risiko und man trägt dabei auch eine gewisse Verantwortung.

HalloHund: Ist die Hunderasse der Akitas bisher eine beliebte Rasse in Deutschland?

Gabriela Richard: Der Akita hat eine gewisse Anhängerschaft unter einer Anzahl von Menschen, die einen Hund mit Charakter suchen, jedoch nicht so sehr unter Menschen, die einen gut funktionierenden Hund suchen – und das ist gut so.
Die Anzahl der Akitas in Deutschland ist in vielen Jahren mehr oder weniger gleich geblieben – und auch das ist gut so. Man sollte sich nur einen charakterstarken Hund auswählen, wenn man selbst in der Lage ist ihn zu erziehen.

HalloHund: Was bereitet Ihnen bei Ihrer Arbeit besondere Freude?

Gabriela Richard: Ich freue mich immer ganz besonders, wenn ein Akita ein gutes neues Zuhause findet. Wenn ich ein Akita-in-Not Jubiläum veranstalte, zu dem alle vermittelten Hunde und ihre Besitzer eingeladen sind, und ich sehe Akitas, die glücklich und zufrieden an der Seite ihrer neuen Besitzer gehen und ich die Harmonie spüren kann. Dann ist das für mich das größte Glück und die beste Bestätigung für die Gründung von Akita in Not.

HalloHund: Wenn Sie sich neben den Akitas für eine weitere Rasse entscheiden müssten, welche würden Sie wählen?

Gabriela Richard: Im Moment gibt es für mich nur den Akita und das ist auch genug. So kann ich mich einer Sache richtig widmen. Wir hatten jedoch früher auch einen Rauhhaardackel, der ähnlich charakterstark war und wenn ich einmal – aus gesundheitlichen Gründen – nicht mehr in der Lage wäre, einen Akita zu halten, würde ich mir einen Rauhhaardackel suchen – denn ganz ohne Hund würde und wollte ich nicht leben.

HalloHund: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Gabriela Richard: Ich wünsche mir, dass die Menschen sich nur dann für einen Hund bzw. für einen Akita entscheiden, wenn sie die Möglichkeiten und den tatsächlichen Wunsch haben, viel Zeit mit Ihrem Hund zu verbringen und ihn auch ordentlich zu erziehen. Denn sonst geht es den Hunden wie den alleine gelassenen Jugendlichen – sie hängen herum, langweilen sich und machen Blödsinn … und viele Hunde landen dann dafür im Tierheim.

HalloHund: Vielen Dank für das Interview!

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