Seelenhund Charly2

Charly2
Charly2 suchte ein neues Zuhause (2022)

Im September 2022 entschied seine Besitzerin Charly2 zu behalten.

im Dezember 2023

Charly kam an Ostern 2022 als Nothund zu mir und durfte als Seelenhund bleiben.

So fand Charly zu mir

In einem sozialen Netzwerk wurde ein neues Zuhause für Charly gesucht. Irgendetwas löste der Anblick der Bilder in mir aus. Nach einem fast zweistündigem Telefonat stand fest, dass ich Charly 5 Tage später persönlich anschauen würde.

Gesagt getan! Zwischen Charly und mir gab es von Sekunde eins an ein Band – rückblickend könnte ich es erklären, damals nicht.

Am nächsten Tag packte ich Charly in einen Leihwagen und fuhr mit ihm über 800km von Hamburg aus nach Hause in die Nähe von München.

Nichts ist einfach

Mit Problemen hatte ich ja durchaus gerechnet, zumal mein damaliger Ehemann von der Aktion alles andere als begeistert war.

Anfänglich das größte Problem war meine American Akita Hündin Atari, gerade 3 Jahre alt und überhaupt nicht erfreut. Damit hatte ich nicht gerechnet. Sie mochte bis zu jenem Ostersonntag jeden Rüden, egal welche Rasse, egal ob groß oder klein. Charly hätte sie am liebsten gehäckselt.

Atari
Atari

Die Stimmung zuhause war schlecht.

Mein jetzt Ex-Ehemann bestand auf der Suche über Akita-in-Not nach einem geeigneteren Zuhause für Charly. Mein Herz schrie schon da: „Nein“, meine Vernunft und mein Verantwortungsgefühl beiden Hunden gegenüber gab nach und so landete Charly bei Akita-in-Not.

Atari und Charly2
Atari und Charly

Einen Monat später gab es einen ersten Interessenten. Mal davon abgesehen, dass dieser sich nach einem ersten Telefonat nie wieder gemeldet hat und für Charly nicht infrage gekommen wäre, wurde mir endgültig bewusst, dass Charly mein Seelenhund ist!

Charly bleibt

Durch Charly habe ich wieder zu mir selbst gefunden, aufgehört mein Leben an andere anzupassen oder es Jedem recht machen zu wollen.

Ich war zu Beginn unseres gemeinsamen Weges der irrigen Meinung, ich würde Charly retten, in Wirklichkeit hat er mich gerettet!

Charly2

Warnung: Das klingt jetzt alles sehr rosarot mit viel Einhorn-Glitzer oder idealistisch, aber mit Abstand betrachtet war mein Handeln alles andere als klug! Ich habe irrational gehandelt und bin nur meinem Bauchgefühl gefolgt. Jetzt bin ich geschieden und habe auch nur noch einen Hund, nämlich Charly :).

Gesundheitliche Probleme

Als Charly hier ankam hatte er diverse gesundheitliche Probleme, wie sich in den ersten Wochen herausstellte. Neben dem Muskelabbau und den Gelenk- und Rückenproblemen, hatte er immer wieder Durchfall. Tatsächlich stellte sich seine Magendarmproblematik als größer und schwieriger heraus und brachte mich schnell an meine Grenzen des Wissens.

Nachdem die Diagnose „leaky gut“ (löchriger Darm) gesichert war und auch eine Unverträglichkeit von Huhn als Proteinquelle, wurde es mit Diät und Medikamenten zwar besser, aber kippte immer wieder sehr schnell. Nun war guter Rat teuer, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich entschied mich für eine Ernährungsberatung bei einer spezialisierten Tierärztin. Dafür musste ich einige Fragebögen ausfüllen und es gab zwei Online-Termine, ein kurzer zum Kennenlernen und ein zweiter sehr ausführlicher Termin. Ich erhielt einen umfangreichen Ernährungsplan mit Maßangaben zu verschiedenen von mir präferierten Hundefutterherstellern und zu selbst gekochtem Futter.

Charly2

Bis zur Beratung war ich der Meinung, dass Hunde proteinreich und kohlehydratarm ernährt werden sollten. Die Futtertierärztin erklärte mir, dass Charly aber durchaus einen Sonderfall darstellt mit seinem kaputten Darm. Sie empfahl Charly mit reinem Muskelfleisch und Kartoffeln jeweils zur Hälfte zu ernähren. Natürlich erhält er auch Gemüse und Zusätze (Öle, Basis-Spurenelemente, Vitamine etc.) zur optimalen Versorgung.

Zur Erklärung: Gesunde Hunde benötigen Innereien und Bindegewebe zur Gewinnung der Mineralstoffe und Vitamine. Bei Charly verursachen sie aber eine Überproduktion von Magensäure und verschlimmern somit seine Darmproblematik, ganz kurz und laienhaft ausgedrückt.

Im März dieses Jahres habe ich seine Ernährung umgestellt und mit jeder Woche stabilisierte sich sein Darm, so dass wir heute auf einem sehr guten Weg sind.

Muskulatur aufbauen

Nun baut Charly durch seine regelmäßigen Physio-Übungen auch sehr gut Muskulatur wieder auf, was wiederum seine Gelenke entlastet. Nachdem wir anfangs öfter bei der Physiotherapeutin waren, hatten wir dann eine längere Pause eingelegt, daheim aber fleißig weiter trainiert. Als die Physiotherapeutin ihn nach über 6 Monaten das erste Mal wiedersah, war sie so überrascht, dass sie mehrfach gesagt hat: „Das ist ja ein ganz anderer Hund!“.

Mir war das gar nicht so aufgefallen, weil ich ihn jeden Tag um mich habe. Ja, er hat sich stark verändert. Sein Gang ist wieder federnd, sein Haltung selbstbewusst und seine nun knapp 7 Jahre sieht man ihm nicht an. Er ist einfach ein typischer arroganter Akita in den besten Jahren!

Charly2

Nun gut, über „typisch“ kann man streiten! Ich habe nämlich noch Einiges über seine Vorgeschichte herausgefunden.

Charlys Vorleben

Dass Charly ein „Wanderpokal“ war und mindestens 2 Vorbesitzer hatte, war mir bewusst. Sicher ist nun, dass es mindestens 4 waren (ohne Züchter). Charly kommt aus einer Zucht vom Baltikum, wurde mit 5 Monaten nach Deutschland gebracht und zum Assistenzwarnhund ausgebildet. Erst stationär bei einem Trainer, später bei seiner Assistenznehmerin. Im Alter von knapp 2,5 Jahren bestand er die Assistenzhundeprüfung zusammen mit seinem Frauchen, einer Epileptikerin. Kurz danach verstarb sie überraschend. Ihre Familie/Erben gaben Charly weg. Der Trainer, welcher ihn ausgebildet hatte, erfuhr davon erst einige Monate später und konnte ihn nicht mehr finden.

Von den Vorbesitzern, von denen ich Charly übernommen habe, weiß ich nur, dass diese ihn über eine Kleinanzeige im Internet gekauft haben, als er etwas über 3 Jahre alt war.

Als ich Charly übernommen habe, habe ich ihm einen eigenen Account bei Instagram eingerichtet. Darüber hat der Trainer Kontakt mit mir aufgenommen. Erst war ich ob der erzählten Geschichte sehr misstrauisch, auch wenn dadurch einige Eigenheiten von Charly plötzlich Sinn ergaben.

Doch so recht wollte ich diese fantastische Geschichte nicht glauben und blieb skeptisch. Der Trainer bat mich dann um ein persönliches Treffen, dafür kam er sogar extra von Nordrhein-Westfalen zu uns nach München. Charly hat ihn sofort wiedererkannt und sich richtig gefreut.

Der Trainer übergab mir Kopien einiger Unterlagen, die er noch von Charly hatte und Fotos der bestandenen Prüfung. Er war mächtig stolz auf Charly, weil er als Akita die Prüfung zum Assistenzhund bestanden hatte. Der Grund für seinen Besuch war aber nicht nur Charly wiederzusehen und zu überprüfen, ob er es wirklich ist, sondern er wollte ihn mir abschwatzen, eigentlich. Im Gespräch stellte er dann aber schnell fest, dass Charly bei mir nicht nur gut aufgehoben ist, sondern auch eine Aufgabe hat, für die er ausgebildet wurde und die ihn ausfüllt.

Charlys ist besonders

Nach ca. einem Monat bei mir fing Charly immer mal wieder an mich unvermittelt anzustupsen. Ich fand das Verhalten irgendwie süß, machte mir aber sonst keine Gedanken.

Einige Wochen später veränderte er sein Verhalten ein wenig: erst stupste er mich an, wenn ich in seinen Augen nicht richtig reagierte, ging er zur Schublade mit meinen Medikamenten und stubste diese an, kam wieder zurück zu mir und wiederholte den Vorgang. Da begann ich nachzudenken und bemerkte, dass er das immer im Vorfeld von Migräneanfällen machte. Nicht bei allen, aber sehr oft. Er wusste in der Regel 30 Minuten vor den ersten Anzeichen, dass eine Attacke im Anmarsch war und ist. Je vertrauter wir uns wurden, desto besser konnte er mich lesen.

Neben der Migräne erkennt er nun auch Flashbacks, Dissoziationen und Panikattacken. Er zeigt diese nicht nur unterschiedlich an, sondern hilft mir auch, wenn diese eingetreten sind. Er gibt mir Sicherheit durch Kontaktliegen, blockt mich ab vor Fremden oder interagiert mit mir, um mich ins Hier und Jetzt zurückzuholen.

Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team mit 100%igem Vertrauen ineinander.

Ich bedauere nur sehr, dass wir die Assistenzhundeprüfung nach dem neuen Recht (gültig seit 03/2023) nicht zusammen ablegen können. Charly würde die nun vorgeschriebene medizinische Überprüfung nicht mehr bestehen. Leider!

Wir besuchen Seniorenheime

Wir haben zusammen einen Besuchs-Hunde-Kurs erfolgreich absolviert und gehen nun regelmäßig in Seniorenheime und besuchen interessierte Bewohner gemeinsam. Charly genießt die zusätzlichen Streicheleinheiten und den Bewohnern zaubert er immer ein Lächeln ins Gesicht. Gerade auf Demenzstationen sind wir gern gesehen, nicht nur wegen der Abwechslung, sondern weil sich bei regelmäßigem Besuch auch therapeutische Effekte zeigen. Senioren, die sonst eher in sich gekehrt sind, blühen beim Anblick von Charly richtig auf und erzählen von ihrem früheren Leben. Alle Seiten genießen diesen Austausch sehr.

Charly2

Charly bekommt natürlich Ruhepausen und wird auch zu keinem Kontakt gezwungen, den er nicht mag. An erster Stelle stehen für mich immer Charly und sein Wohlbefinden!

Bevor wir den Besuchs-Hunde-Kurs begonnen haben, war die Trainerin, welche auch Assistenzhunde ausbildet, sehr skeptisch und meinte: „Ein Akita? Hat er seine Rassebeschreibung nicht gelesen?“. Nach dem Kurs hatte Charly nicht nur ihren Respekt gewonnen, sondern auch ihr Herz!

Bleibt gespannt, welche Abenteuer und Entwicklungen wir Euch nächstes Jahr zu berichten haben!

Peggy mit Charly
im Dezember 2023

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